Die Nadelbäume



Der Frühling kam ins Land zurück,
und mit ihm Freude, Lachen und Glück.
überall sah man Blumen sprießen,
sie waren ein Schmuck für die kahlen Wiesen.
Doch mitten in dieser schönen Zeit,
kam es im Wald zu einem Streit.
Denn manche Bäume begannen zu blühen,
jeder wollte sich bemühen
schöner als alle andren zu sein.
Nur die Nadelbäume allein
nahmen am Wettbewerb nicht teil,
das trieb zwischen alle einen Keil.
Die blühenden Bäume hielten sich
für besser, schöner und königlich.
Auf Nadelbäume wurde herabgeschaut,
sie wurden leise, oft auch laut
von den anderen ausgelacht,
die wegen ihrer Blütenpracht
sich für etwas Besseres hielten
und ständig verstohlen um sich schielten,
ob alle andren das auch so sehen.

Die Erde fuhr fort sich weiterzudrehen,
der Sommer löste den Frühling ab,
und als es die ersten Früchte gab
nahm der Stolz der Laubbäume zu,
sie ließen den Nadelbäumen keine Ruh‘.
Wenn alle ihre Früchte zeigen
dann müssen die Nadelbäume schweigen,
denn alles, was sie zustande brachten
waren Zapfen, und alle lachten
über diese nutzlosen Früchte,
und allmählich entstanden Gerüchte
die Nadelbäume haben keinen Zweck
und mit der Zeit kommen sie weg.

Die Erde fuhr fort sich weiter zu drehen.
Im Herbst begannen die Winde zu wehen.
Das passte den stolzen Laubbäumen nicht,
bisher war die Krone prächtig und dicht,
nun wurde sie zusehends ausgelichtet,
ihr prachtvoller Stolz zugrunde gerichtet.
Ihr lautes Rauschen klang wie klagen,
sie konnten den eisigen Wind nicht ertragen.
Die Nadelbäume ertrugen dagegen
still den Wind und auch den Regen.

Die Erde drehte sich noch ein Stück
Und ließ die schönen Zeiten zurück.
Im Winter wurden die Laubbäume kahl,
ihre Früchte lagen in großer Zahl
am Boden und faulten vor sich hin –
ihr einziger Trost bestand darin:
Die Nadelbäume wurden endlich gefällt!
Nun hatte also die ganze Welt
erkannt welche Bäume die besten sind!
Und aus dem Norden brachte der Wind
Wolken voller Schnee und Eis,
bald schon wurden still und leis
die abgesägten Stümpfe bedeckt,
ein Beobachter hätte nicht entdeckt,
dass hier früher Bäume standen.
Die Laubbäume dagegen empfanden,
dass so der Wald viel schöner sei,
so luftig und vor allem frei
von all den wertlosen Nadelbäumen.
Wir dagegen wollen nicht versäumen
die Geschichte bis zum Ende zu gehen,
Was war mit den Nadelbäumen geschehen?

Sie standen in Häusern, herrlich geschmückt,
ihre Zweige wurden nach unten gedrückt
von all den Kugeln und Lichterketten –
selbst in den kühnsten Träumen hätten
die Nadelbäume niemals gedacht,
dass sie einmal in solcher Pracht
strahlen würden, und Freude bereiten –
und das in den dunkelsten Winterzeiten!

Ja, so ein stachliger Nadelbaum
Ist vielleicht nicht jedermanns Traum.
Sie werden vielleicht nicht in Schönheit erblüh‘n,
doch bleiben sie treu, sind immer grün.
Ihren Wert erkennt man erst in der Zeit
wenn’s dunkel wird, wenn’s draußen schneit.

Thomas Baumgärtner (Oktober 2018)